Exkursion der LÖK-AG (Ruhr-Universität Bochum) nach Südwestdeutschland und in die Vogesen im Mai 2009

Kapitel: Taubergießen / Vogesen / Kaiserstuhl / Feldberg / Wutachschlucht


Kaiserstuhl: Badberg und Büchsenberg

Aus dem Oberrheingraben erhebt sich unvermittelt der 95 km² große Kaiserstuhl und überragt seine Umgebung um 200-350 m. Die physisch-geographische Sonderstellung dieses kleinen Gebirges resultiert aus seiner geologischen Entwicklung mit vulkanischen Bauelementen und einer mächtigen Lössüberdeckung sowie einer ausgeprägten Klimagunst.
Im östlichen Teil liegen verdeckt unter einer mächtigen Lössdecke jurassische und tertiäre Gesteine, in die teilweise vulkanisches Material eingedrungen ist. Der jüngere westliche Teil und der noch jüngere zentrale Kaiserstuhl bauen sich dagegen aus vulkanischen und subvulkanischen Gesteinen des Miozäns auf. Infolge einer tektonischen Heraushebung des Geländes wurde die einstige Schichtvulkanlandschaft stark abgetragen, so dass heute nur noch der Rumpf dieses Vulkangebirges erhalten ist.
Eine Besonderheit des Kaiserstuhls stellt seine 5-15 m, maximal 30 m mächtige Lössbedeckung dar. Der Löss wurde in während den letzten Kaltzeiten aus den Schottern der Oberrheinebene von vorherrschenden SW-Winden ausgeweht und lagerte sich insbesondere in Lee-Lage ab, weshalb hier die größten Lössmächtigkeiten erreicht werden.
Die klimatische Begünstigung des Kaiserstuhls ergibt sich aus seiner Lage im südlichen Oberrheingraben im Lee der Hochvogesen, von denen föhnartige Winde hinab wehen. Der Kaisterstuhl zählt daher zu Deutschlands wärmsten und sonnigsten Regionen. Auf den sonnenexponierten Weinbergen werden Spitzenweine produziert.


Badberg
Der Untergrund des Badberges stellt eine absolute geologische Seltenheit dar, denn er besteht aus einem kalkhaltigen subvulkanischen Gestein, welches als Karbonatit bezeichnet wird. Die sehr flachgründigen Böden ergeben in Zusammenhang mit Beckenlage und Strahlungsexposition die natürlichen Standortvoraussetzungen für xerophile Vegetationsformen. Am Südhang ist dies ein Volltrockenrasen (Xerobrometum erecti), am Hangfuß eine Strauchgesellschaft mit Flaum-Eiche. Größere Verbreitung haben orchideenreiche Halbtrockenrasen (Mesobrometum) auf der flacheren Kuppe des Badbergs mit einem enormen Artenreichtum. Typische Anpassungsmerkmale der Flora an die extremen Standortbedingungen sind geringe Blattmasse, ätherische Öle als Verdunstungsschutz, flaumartige Behaarung oder Wachsüberzüge sowie tiefreichende Wurzeln und hohe Dürreresistenz.

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Beim Aufstieg die Schwalbenwurz (Vincetoxicum hirundinaria) und ...
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... das Sichelblättrige Hasenohr (Bupleurum falcatum), leider noch nicht blühend
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Buntblühende Halbtrockenrasen (Mesobrometum) auf dem Badberg mit Wiesen-Salbei (Salvia pratensis) und vielen anderen Arten:
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Aufrechte Trespe (Bromus erectus), die die Mahd anzeigt
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Großes Schillergras (Koeleria pyramidata)
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Östlicher Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis subsp. orientalis)
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Färber-Ginster (Genista tinctoria)
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Rauer Löwenzahn (Leontodon hispidus)
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Zittergras (Briza media)
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Wundklee (Anthyllis vulneraria s. l.)
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Zierliches Labkraut (Galium pumilum)
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Hügel-Meier (Asperula cynanchica)
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Mittlerer Wegerich (Plantago media)
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Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria)
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Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum)
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Nelken-Sommerwurz (Orobanche caryophyllacea)
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Gelbe Sommerwurz ...
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... Orobanche lutea
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Große Sommerwurz ...
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... Orobanche elatior noch in Knopse
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Hügel-Klee (Trifolium alpestre)
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Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata)
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Gewöhnliche Kugelblume (Globularia punctata)
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Kugelige Teufelskralle (Phyteuma orbiculare)
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mit einem Scheckenfalter
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Schmetterlingshaft
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und natürlich die Prominenz ...
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.. die die Pararazzi irgendwie schon gewohnt sind: Smarageidechsen
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Großes Zweiblatt (Listera ovata)
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Pyramiden-Spitzorchis (Anacamptis pyramidalis)
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Arznei-Baldrian (Valeriana officinalis s. l.)
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und an den Südhängen das Steppen-Lieschgras (Phleum phleoides)

   

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mit Widderchen
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Rebflurbereinigung
In der zweiten Hälfte des 20. Jh. (und zum Teil noch heute) wurden die schmalen Rebterrassen zu Gunsten einer einfacheren Bewirtschaftung zu Großterrassen umgestaltet. Um der Bodenerosion entgegenzuwirken wurden die Rebflächen mit leichter hangwärtiger Neigung angelegt, was zu ernsthaften Problemen führt. Unterhalb der Stufen bilden sich geländeklimatische Kaltluftfallen, wobei in nördlicher Exposition der Schattenwurf durch die steilen Stufenwände gerade in Jahreszeiten mit niedrigem Sonnenstand die Abkühlung noch verstärkt, was zu Frostschädigungen an den Weinreben führt.

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Auch heute noch verschwinden die alten Kleinterrassen und mit ihnen die ökologische wertvollen Lösshohlwege
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Lösshohlweg Bickensohl
Im Zuge der Rebflurbereinigung sind in Bickensohl der Großteil der Kleinterrassen und mit ihnen die Mehrzahl der Hohlwege verschwunden, für die der Kaiserstuhl berühmt ist. Am nordöstlichen Ausgang des Dorfes blieb glücklicherweise ein typisches Hohlwegsystem erhalten. Die fast 15 m tiefen, steilwandigen Hohlwege haben sich im Laufe der Jahrhunderte infolge der Wegnutzung und der damit einhergehenden Erosion bei Starkregen in den Löss eingeschnitten.

 

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In den Lösswänden sind extrem große Lösskindel zu bestaunen. Verbraunungshorizonte und ein dünnes humoses Band belegen eine Bodenbildung während einer interglazialen Warmzeit, wodurch klar wird, dass die mächtigen Lössablagerungen das Produkt mehrere Kaltzeiten sind. Zahlreiche, heute teils verschüttete Lösskeller dienten einst der Aufbewahrung von Geräten und Feldfrüchten.

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Fossile Bodenbildungen früherer Warmzeiten in Lösswänden des Hohlwegs "Eichgasse"
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Lösskeller
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Abkühlung tut not

 
Botanik am Büchsenberg  

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Wald mit ...
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... Flaum-Eiche (Quercus pubescens)
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Bockkäfer (Rhagium spec.)

   

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Blasenstrauch ...
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... Colutea arborescens
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Strauch-Kronwicke (Hippocrpis emerus = Coronilla emerus)
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Feld-Maikäfer (vorne)
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Und noch einen kurzen Abstecher zum Hirschkäfer

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Begegnungen
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Lucanus cervus
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Ansprechpartner: Armin Jagel

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