Exkursion: Leutesdorf am Mittelrhein, Rheinufer und NSG Langenbergskopf - 29.05.2011
Der beschauliche "Weinort" Leutesdorf liegt nördlich des Neuwieder Beckens und stellt damit den Übergang zum Unteren Mittelrhein dar, der bei Bonn endet und ab dort zum Niederrhein wird. Durch das Rheinische Schiefergebirge und die Eifel ist der Mittelrhein hier bereits natürlicherweise tief eingeschnitten, zudem aber auch durch den Menschen stark begradigt und die Auen besiedelt. Die noch aktive Aue ist folglich – sofern überhaupt vorhanden – sehr schmal und in vielen Orten zeugen Markierungen von regelmäßigen Katastrophenhochwässern. Trotz des immensen menschlichen Einflusses findet man jenseits der touristischen Rheinuferpromenaden einige bemerkenswerte Pflanzenarten, die vom warmen Klima im Mittelrheintal profitieren. Zum Beispiel sind dies verwilderte (oft archaeophytiosche) Kulturflüchter wie die Weinrebe (Vitis vinifera), Schwarzer Senf (Brassica nigra) oder Gemüse-Spargel (Asparagus officinalis), oder auch W ärme liebende heimische Arten wie die Esels-Wolfsmilch (Euphorbia esula) oder möglicherweise hier indigene Vorkommen des Schnitt-Lauchs (Allium schoenoprasums).
Auch innerhalb der Stadt- und Dorfflora befinden sich im Vergleich zum Ruhrgebiet Wärme liebende, teils mediterrane Arten, die im Ruhrgebiet nur ganz spärlich auftreten. Dies sind beispielsweise die aus Gärten verwildernde Spornblume (Centranthus ruber), oder der aus dem Mittelmeergebiet stammende Milzfarn (Asplenium ceterach) an Mauern. Auch das Mauerglaskraut (Parietaria judaica) ist hier häufiger Bestandteil der Ruderalflora.
Eine ohnehin völlig eigene Flora weisen Weinberge auf. Im NSG Langenbergskopf und seiner Umgebung befinden sich daher einige Arten an ihrer nördlichen Verbreitungsgrenze, wie etwa der Diptam (Dictamus albus), Nickendes Leimkraut (Silene nutans) oder die Elsbeere (Sorbus torminalis) und zahlreiche weitere Arten, die bereits nicht mehr zur Flora Nordrhein-Westfalens zählen. Aber auch gute Bekannte wie das Schmalblättrige Greiskraut (Senecio inaequidens), Golddistel (Carlina vulgaris) oder das Silber-Fingerkraut (Potentilla argentea) siedeln hier am naturnahen Standort. Dennoch sind auch sie Kulturfolger. Vielerorts ist zu beobachten, wie die Sukzession auf ehemaligen Weinbergen um sich greift. Um die Offenlandarten zu erhalten, werden daher auch hier Naturschutzmaßnahmen ergriffen, welche die wirtschaftlich unrentabel gewordene Nutzung zu ersetzen.
Die Ruhrgebietler jedenfalls ließen sich – "nur" knapp zwei Autostunden von der Heimat entfernt – gerne von der Vielfalt an ungewohnten Florenelementen beeindrucken und in Urlaubsstimmung versetzen.